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Solidarisch und Grün aus der Krise - Podiumsgespräch mit Zoe Mayer MdB am 16.11.

Am 16.11. war die Karlsruher Bundestagsabgeordnete Zoe Mayer in Rheinstetten zu Gast. Wir sprachen mit ihr über die Energiekrise, die durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verursacht wurde. Wie kann den Menschen und Unternehmen gezielt geholfen werden, die besonders von ihren Auswirkungen betroffen werden? Diese Maßnahmen wollten wir auch vor dem Hintergrund der Klimakrise betrachten, die sich von Jahr zu Jahr deutlicher abzeichnet. Nach einem Impulsvortrag kamen die Besucher:innen zu Wort und stellten ihre Fragen.

 

Zentrale Auswirkungen der Krise

Natürlich sei die Auswirkung der Krise, die die meisten Menschen unmittelbar betreffe, die Inflation. Vor allem die Energiekosten, aber auch die Preise vieler anderer Produkte seien deutlich gestiegen.

Daneben sieht Mayer als eine der wichtigsten Folgen der Krise, dass die Gefahren von wirtschaftlichen Abhängigkeiten deutlich sichtbar werden. In Zukunft müssen solche Abhängigkeiten unbedingt vermieden werden. Energiepolitik solle immer auch als Sicherheitspolitik gesehen und entsprechend betrieben werden. Auch auf anderen Gebieten bestünden Abhängigkeiten, wie z. B. bei Medikamenten oder bei bestimmten Lebensmitteln. Hier müsse ebenfalls ein Umdenken stattfinden.

 

Maßnahmen

Zoe Mayer beschrieb das Bundeswirtschaftsministerium als sehr aktiv und produktiv. In hoher Geschwindigkeit wurden Gesetzesanträge und Maßnahmen projektiert. Dazu zählen die aus den Energieeinsparverordnung, die Entlastungspakete, die „Gaspreisbremse“ und die „Strompreisbremse“. Hierzu wird in den Medien ausführlich berichtet.

Eine „Heizölbremse“ werde es nicht geben. In diesem Bereich seien die Kosten schon vor der Krise stark gestiegen. Und es sei politisch gewollt, dass diese Heizungen mittelfristig ausgetauscht werden.

Mayer warnte vor zu großen Hoffnungen an die Hilfsprogramme. Der Staat könne nicht alle wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen und Bürger:innen abfedern. Auch, dass es Unterschiede im der Stärke des Betroffen-Seins gebe, müsse man in gewissem Rahmen akzeptieren.

Je gezielter die Hilfen ausgestaltet werden sollten, umso mehr Daten müsse man von den Bürger:innen sammeln. Hier müsse man abwägen: wie viel Bürokratie ist sinnvoll?

 

Erneuerbare Energien

Dass Atomkraft als „klimaneutrale“ Energie länger genutzt werden solle, lehnt Zoe Mayer ab. Eine so teuere und gefährliche Technik dürfe man nicht länger halten, zumal sie nur einen geringen Beitrag im Strommix bedeute. Wichtiger sei der schnelle Ausbau erneuerbarer Alternativen. Dem „Streckbetrieb“ der drei Atomkraftwerke bis April tragen die Grünen in der Regierung mit, obwohl sie ihn für nicht nötig und für kontraproduktiv halten. Der Beschaffung neuer Brennstäbe hätten sie nicht zugestimmt.

Forderungen nach Fracking in Deutschland hält Mayer für nicht zielführend. Kurzfristig ließe sich diese Methode nicht umsetzen, sie würde also in der aktuellen Krise nicht weiterhelfen. Auf lange Sicht sei es viel sinnvoller, die Mittel anstatt in Fracking in die Entwicklung erneuerbarer Energien zu stecken.

Im Bausektor müsse der Ressourcenverbrauch laut Mayer massiv reduziert werden. Das betreffe zum einen die sogenannte „Graue Energie“, die zum Bau eines Gebäudes mit all seinen Bestandteilen und Gewerken aufgewendet wird. Sie lässt sich beispielsweise durch Holzbau oder Baustoffrecycling verringern.

In Bestandsgebäuden sei es vor allem der fachgerechte Heizungstausch, der am schnellsten Effekte bringe.

Auf die Frage nach qualifizierten Fachkräften in Beratung und Handwerk in Zeiten des Fachkräftemangels nannte Mayer verschiedene Optionen. Eine ganz schnelle Lösung sehe sie allerdings nicht.

 

Probleme

Leider gehe die Arbeit in der Ampel-Koalition aus Grüner Sicht nicht schnell genug voran. Beispielsweise wurde das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimaschutzsofortprogramm nicht wie geplant umgesetzt und keine Sektorziele für die verschiedenen Wirtschaftsbereiche bis 2030 festgelegt. Gerade im Verkehrsbereich und in der Bauwirtschaft gebe es keine Fortschritte.

Mayer erlebt eine destruktive Stimmung bei der FDP. Mit der neuen Devise „Belastungsmoratorium für die Wirtschaft“ lehne die Partei alles ab, was für die Unternehmen Mehraufwände bedeute. Diese Blockadehaltung führe dazu, dass es keine Einigung der drei Parteien gebe. Damit bleibe der jeweilige Status Quo bestehen – beispielsweise beim Tempolimit. Laut Mayer sei das ein kalkulierter Effekt.

Die SPD sei in vielen Punkten eher abwartend und würde die Anliegen der Grünen kaum unterstützen.

Auch wenn die Koalition schwierig sei, schätzt Mayer Neuwahlen als schlechtere Alternative ein. Gerade in Krisenzeiten sei Stabilität wichtig.

 

Sonstiges

Eine Frage wurde auch zur geplanten Initiative zur Reduzierung von Antibiotika-Resistenzen gestellt. Zoe Mayer ist Mitglied im dafür zuständigen Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, und schätzt dieses Thema auch als große Krise unserer Zeit ein, für die dringend eine Lösung gefunden werden müsse.

Auch der Flächenverbrauch und die damit verbundene Bodenversiegelung wurde angesprochen. Der Leerstand von Wohnraum sei ebenfalls ein Problem, hier sieht Mayer vor allem die Kommunen in der Pflicht.

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